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Warum riesige Vermögen gesamtgesellschaftlich schädlich sind.

Interessanterweise trifft die Existenz riesiger Vermögen - gemeint sind Vermögen ab dreistelliger Millionenhöhe - in unserer Gesellschaft auf vergleichsweise wenig Kritik. Gerade Wirtschaftswissenschaftler nehmen sie mehr oder weniger als gegeben hin, sehen wenige Probleme und auch keine wirkliche Chance, die Vermögensverteilung zu verändern. Es lohnt sich aber genauer hinzusehen und Pro und Contra zu erwägen.

Contra riesige Vermögen:

Erstens - Gefährdung der Demokratie: Im 19. Jahrhundert wurde das allgemeine, geheime und gleiche Wahlrecht erkämpft. In Preußen, bespielsweise löste es das Dreiklassenwahlrecht ab, wo das Stimmgewicht vorher noch vermögensabhängig war. Heute herrscht ein weitgehender Konsens darüber, dass dies ein wichtiger Schritt zur Demokratisierung gewesen ist. Allerdings ist es unmittelbar einsichtig, dass ein Mensch mit einem sehr großen Vermögen gesamtgesellschaftlich einen ungleich größeren Einfluss hat, als jemand ohne Vermögen. Er kann Inserate schalten, Kampagnen lancieren, Menschen bestechen, Stiftungen, Think Tanks und Forschungseinrichtungen finanzieren - und vermutlich auch die Ausrichtung der Wirtschaftswissenschaften stark beeinflussen. Die Existenz riesiger Vermögen beeinträchtigt den demokratischen Grundsatz „ein Kopf, eine Stimme“ substantiell, im ungünstigen Fall kann die Demokratie sogar direkt bedroht werden.

Zweitens - Verschwendung von Ressourcen: Im Beitrag ÜberGlück haben wir dargelegt, warum die Zufriedenheit der Menschen der Maßstab für politisches und gesellschaftliches Handeln sein sollte. Und wir haben dargelegt, das die Vermögensverteilung ein absolut dominierender Faktor bezüglich der Frage ist, wieviel gesamtgesellschaftliche Zufriedenheit auf gegebenem Wohlstandsniveau möglich ist.

Drittens – Wachstumszwang: Es spricht viel dafür, dass übergroße Vermögen einen Zwang zum Wirtschaftswachstum erzeugen, Details dazu habe ich im Beitrag ÜberWachstumszwang formuliert. Auf einem endlichen Planeten ist aber permanentes Wirtschaftswachstum nicht möglich, insofern ist es für die Menschheit eine Überlebensfrage, diesen Wachstumszwang abzuschaffen.

Pro riesige Vermögen:

Erstens - Gesetzlicher Schutz des Eigentums: Das Recht auf Eigentum ist in vielen Rechtsnormen geregelt. Auffällig ist, dass dieses Recht zwar grundsätzlich existiert, aber bereits heute eine Vielzahl von Einschränkungen bestehen . So ist zum Beispiel die staatliche Steuererhebung ein massiver Eingriff in dieses Recht. Gesetzliche Regelungen, die Vermögen begrenzen, sind also durchaus möglich.

Zweitens – Arbeitsplätze: Es wird oft behauptet, riesige Vermögen seien gesamtgesellschaftlich wichtig, weil deren Inhaber Arbeitsplätze schaffen würden. Dem widerspricht, dass es grundsätzlich egal ist, ob eine Kapitalgesellschaft einem oder vielen Eigentümern gehört. Sie wird in jedem Falle von einem Vorstand geführt, der die maßgeblichen Entscheidungen trifft. Es kann gelegentlich etwas komplexer sein, wenn auf einer Jahreshauptversammlung viele Einzelaktionäre über den Kurs des Unternehmens bestimmen wollen, als wenn nur ein Patriarch bestimmt. Dem steht gegenüber, dass Firmenpatriarch auch manchmal entsetzliche Fehlentscheidungen treffen, die häufige Ursache für den Niedergang großer Firmenimperien . Unternehmen, bei denen der Besitz breiter gestreut ist haben die Chance, dass die Schwarmintelligenz der Eigentümer zu besseren Entscheidungen führt.

Drittens - unternehmerische Motivation: Dieses Thema habe ich im Beitrag ÜberMotivation abgehandelt.

Durchaus offen bleibt die Frage, ob Unternehmer, die in erster Linie von Gier nach großem Reichtum motiviert sind, diejenigen Unternehmen gründen und führen, die den größen Nutzen für die Gesellschaft erzeugen. Tragen nicht vielleicht Unternehmer, die in erster Linie an der Lösung von Problemen interessiert sind und für ihren Einsatz „nur“ einen angemessenen Wohlstand erwirtschaften wollen, mehr zur gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt bei?

Das hier besprochene betrifft vor allem Großkonzerne, bei kleinen und mittleren Unternehmen stellt sich diese Problematik nicht.