Bevölkerungswachstum macht arm.

Die Menschheitsgeschichte ist ganz wesentlich von ihrer Bevölkerungsdynamik geprägt. Seit tausenden von Jahren ist die Bevölkerungszunahme der Regelfall. Dies führt dazu, dass weniger Ressourcen zur Verfügung stehen, als junge Menschen nachwachsen. Es gibt zu wenig Ackerflächen, zu wenige Arbeitsplätze in Handwerksbetrieben und Fabriken und zu wenig Wohnraum. Die heimische Wirtschaft kann dies zum Teil durch Kapazitätserweiterungen (Wirtschaftswachstum) kompensieren. Viele Güter – insbesondere die so wichtigen Ackerflächen – sind aber nicht vermehrbar.

Infolge der Bevölkerungszunahme ist es für einen Teil der jungen Menschen unvermeidbar, dass sie sprichwörtlich „ihr Glück in der Fremde suchen“ müssen. So entstand die Auswanderung und in der Konsequenz der Kolonialismus, die beide die Weltgeschichte der gesamten Neuzeit bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts prägten.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts nimmt nun das Bevölkerungswachstum in Europa stetig ab, und die europäischen Bevölkerungen schrumpfen. Das führt dazu, dass die früher hoch aggressiven europäischen Nationen heute vergleichsweise friedlich geworden sind und ihre Kolonien aufgegeben oder verloren haben. Eine weitere Konsequenz ist der große Wohlstand vieler dieser Länder. So sagt man, dass ein Kind bis zu seiner Volljährigkeit seine Eltern soviel wie ein Eigenheim kostet, was diese auch aufbringen. Und die öffentliche Hand trägt weitere erhebliche Kosten für die Ausbildung der Kinder bei.

Auch im internationalen Vergleich ist unschwer festzustellen, dass wohlhabende Länder kein oder ein geringes Bevölkerungswachstum aufweisen, während arme Länder unter einer großen Bevölkerungszunahme leiden. Es gibt aber keinen Automatismus, eine stabile oder schrumpfende Bevölkerung führt nicht automatisch zu Wohlstand. Aber sie ist in der Regel eine Voraussetzung dafür.

Es ist daher sonderbar, dass man sich in den europäischen Ländern nicht über die „Gnade einer stabilen Bevölkerung“ nach hunderten von Jahren und ganz ohne Zwangsmaßnahmen freut. Stattdessen wird dieser Umstand beklagt und es werden kostspielige familienpolitische Maßnahmen ergriffen.

Dabei gibt es lediglich ein einziges ernsthaftes Problem in den stabilen oder schrumpfenden Gesellschaften, nämlich die hergebrachten Alterssicherungssysteme noch aus der Zeit des Bevölkerungswachstums. Das deutsche beispielsweise wurde 1885 eingeführt – damals herrschte in Deutschland eine Bevölkerungsexplosion. Im Beitrag ÜberRente ist ausgeführt, wie sich ein öffentliches Rentenwesen demographiefest machen lässt.

Genießen wir weiter unseren Wohlstand, freuen uns über die stabile Bevölkerung, heißen Zuwanderer willkommen – und wirken als gutes Vorbild für andere Länder, die noch unter der Last des Bevölkerungswachstums zu leiden haben, vor allem durch Kommunikation: „Wir werden weniger – und das ist gut so“. Andernfalls ist es unredlich und macht uns hochgradig unglaubwürdig, den Ländern der dritten Welt die Bevölkerungsproblematik nahezubringen und gleichzeitig lautstark darüber zu lamentieren - dass man selbst dieses große Problem nicht mehr hat.